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Fragestellungen

Die Forschungsgruppe befasst sich mit der komplexen Relation von ‚Alt‘ und ‚Neu‘ und will diese Relation, die als nicht-lineardiachronisch begriffen wird, im Sinne eines komplexen Verschränkung des ‚Alten‘ und des ‚Neuen‘ untersuchen. Die titelgebenden ‚Diskursivierungen von Neuem’ sind dabei als Prozesskategorie zu verstehen, jenseits statischer Alt-Neu-Dichotomien und einseitiger Fortschrittsteleologien. Der Begriff der ‚Diskursivierung‘ bezieht sich auf die Prozessualitäten und Modalitäten der Vertextung von ‚Neuem‘, während das ‚Neue‘ sowohl Resultate binnenliterarischer Prozesse des Wandels als auch die literarische Bearbeitung von ‚Neuem‘ aus anderen diskursiven Ordnungen meint, d.h. von extraliterarischem ‚Neuem‘.

Den zentralen Gegenstand der gemeinsamen Arbeit bilden europäische Texte und Bilder des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Das im Hinblick auf die Texte zu analysierende Gattungsspektrum umfasst u.a. erzählende, lyrische, dramatische und literaturtheoretische sowie expositorische Texte des 12. bis 18. Jahrhunderts aus einer Reihe von europäischen Literaturen (der deutschen, der englischen, der französischen, der italienischen, der spanischen sowie der mittel- und neulateinischen Literatur), und zwar ‚kanonische‘ und kanonaffine Texte ebenso wie kanonfernere Texte. Die Analyse literarischer Relationierungen von ‚alt‘ und ‚neu‘ soll komplementiert werden durch die exemplarische Analyse der unter Rückgriff auf literarische Muster verhandelten kunsttheoretischen Novitätsproblematik in der Frühen Neuzeit.

Die Teilprojekte des Verbundes setzen es sich mithin zum gemeinsamen Ziel, Kategorien für Konzeptualisierungen und Diskursivierungen von Neuem zu erarbeiten. Dabei soll eine Neubestimmung kultureller Dynamiken jenseits der theoretischen Opposition von Kontinuität und Bruch erreicht werden. Ausgangspunkt ist der Befund, dass epistemisch, sozial oder kulturell Neues oftmals in komplexer Weise mit bestehenden Text- und Gattungsformationen verkoppelt wurde. Damit sind Invention, Novation sowie die Verarbeitung von Irritation stets gebunden an Prozesse der Renovation, Restauration und Rekonzeptualisierung.